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Gardening with Ecorganicas: Your Source for Organic Gardening Tips Financial potential with expert tips on budgeting, investing, and saving Unlock the Hidden Truth: Click to Reveal!Wenn Juliane Strauß sich neuen Leuten vorstellt und sagt, „ich bin 42 und habe keine Kinder“, ähneln sich die Reaktionen. „Du hast ja noch Zeit“, heißt es dann zum Beispiel. Oder: „Na, dann kannst du ja noch welche kriegen.“Das stimmt, in gewisser Weise. Es stimmt aber eigentlich nicht. Die Wahrscheinlichkeit, jenseits der 40 schwanger zu werden, liegt zwischen fünf und acht Prozent. Selbst eine Kinderwunschbehandlung würde in diesem Alter die Chance auf ein Baby gerade mal verdoppeln.Juliane Strauß ärgert sich aber vor allem aus einem anderen Grund: Sie will keine Kinder. Im Gegenteil: Sie liebt die Freiheiten, die es in ihrem Leben nur deshalb gibt, weil sie keine Verantwortung für Nachwuchs trägt. Früh aufstehen, um noch vor der Arbeit Sport zu machen. Abends mit Freunden Wein trinken, ohne das beunruhigende Wissen, gleich morgens wieder funktionieren zu müssen. Reisen, viel reisen.Sie würde ein eigenes Kind sehr liebenDie studierte Betriebswirtin ist sich sicher: Hätte sie ein Kind, sie würde es lieben, mehr noch als ihre Nichte und ihren Neffen, die sie so vergöttert, dass sie geradezu ehrfürchtig von der mutmaßlich übergroßen Liebe spricht, die sie für ein eigenes Kind empfinden würde. Aber Juliane Strauß vermisst – nichts.Was ist – gesellschaftlich betrachtet – eine Frau ohne Kind? Gilt sie als Fisch, der sich – in Abwandlung des etwas abgenutzten feministischen Claims „eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad“ – aus guten Gründen keinen Fahrradanhänger, kein Lastenrad, geschweige denn einen Fahrradschuppen angeschafft hat? Oder fehlt da – zumindest in der Wahrnehmung anderer – das natürliche Habitat, die Bestimmung: der Teich?Kinderlose Frauen gab es schon immerEin Anruf beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, zwei Überraschungen. Erstens: Kinderlose Frauen gab es schon immer. Der Anteil dauerhaft kinderloser Frauen liegt Forschungsdirektor Martin Bujard zufolge seit rund zwei Jahrzehnten stabil bei etwa 20 Prozent. Der Soziologe fügt an: Schon das 19. Jahrhundert kannte Phasen und Regionen mit ähnlich hohen Quoten. Offenbar war Mutterschaft auch vor der Erfindung der Pille kein biologischer Selbstläufer.Zweitens: Wenn mit Blick auf den demographischen Wandel die niedrige Geburtenrate seit Mitte der Siebzigerjahre beklagt wird, sind daran nicht in erster Linie Kinderlose schuld. Der Rückgang lässt sich Bujard zufolge vor allem mit der sinkenden Zahl kinderreicher Familien erklären: Immer weniger Eltern bekommen ein drittes oder gar viertes Kind. „Das ist der entscheidende Hebel“, sagt der Soziologe.Manche Freiheiten gibt es im Leben nur, wenn man keine Verantwortung für Nachwuchs trägt.Picture AllianceTrotzdem ist die K-Frage im frühen 21. Jahrhundert zu einer Art Politikum geworden. In den Fünfzigerjahren soll Bundeskanzler Konrad Adenauer prophezeit haben: „Kinder kriegen die Leute immer.“ Heute wägen insbesondere junge Frauen ganz bewusst ab, ob, wann und vor allem mit wem sie sich auf das Experiment Familie einlassen wollen. Dass dann vielleicht die Umstände nicht passen, bevor sich das Zeitfenster weiblicher Gebärfähigkeit schließt, führt zu einem Phänomen, das Demographen als „fertility gap“ – Fruchtbarkeitslücke – bezeichnen: Menschen in Deutschland wünschen sich mehr Kinder (nämlich durchschnittlich 1,9), als sie kriegen (seit einem krisenbedingten Einbruch Anfang 2022 nur noch durchschnittlich 1,3). So beschreibt es Bujard und erklärt, das liege vor allem daran, dass Frauen immer später Mutter werden. Heißt das aber, dass Frauen ohne Kinder zu Recht unterstellt wird, sie müssten einen Mangel empfinden? Oder warum sonst bleiben sie kinderlos?Bei Juliane Strauß kam das Thema in Wellen. Als kleines Mädchen, das Puppen mochte, dachte sie, der Sinn des Lebens bestünde darin, eines Tages Mama zu werden. Als Teenager dann spielten Kinder in ihren Zukunftsplänen keine Rolle mehr. Nach dem Studium arbeitete sie viel, vielleicht zu viel. Ihre Haltung: „Ich bin der Job.“ Mit 32 war sie so erschöpft, dass sie eine Auszeit nahm. Zwei Jahre Reisen, die meiste Zeit in Südamerika. Den kulturellen Kontrast empfand sie als lehrreich: „Es war dort unvorstellbar, dass man als Frau allein reist, Single ist und keine Kinder hat.“ Schlimmer noch: dass man keine Kinder will. „Das war wirklich krass, wie sehr man sich erklären muss.“Keine Kinder zu haben ist ein PrivilegDie Erfahrung veränderte ihren Blick auf Deutschland, wo man im Alter durch den Sozialstaat abgesichert ist. Dieses Privileg ist ihr heute sehr bewusst: „Hier können wir es uns leisten, ohne Kinder zu leben.“Als Juliane Strauß 35 war und längst wieder in Deutschland lebte, verliebte sie sich in einen jüngeren Mann, der unbedingt Kinder wollte – so sehr, dass er sagte, er würde keine gemeinsame Zukunft sehen, wenn sie partout dagegen sei. „Ich war very much in love“, erzählt Strauß. Plötzlich meinte sie, ihre biologische Uhr ticken zu hören.Rückblickend sagt sie: „Ich kann selber nicht erklären, ob ich es gespürt oder mir nur eingebildet habe, aufgrund gesellschaftlicher Erwartungen.“ Aber ihr wurde klar: „Es ist ein Unterschied, ob man sagt, ,ich möchte keine Kinder‘, oder ob man dann wirklich keine kriegt.“ Sie beschloss, es zumindest zu versuchen.
Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
„Der Druck, Kinder zu bekommen, ist schon sehr stark“: Das sagt Gunda Windmüller, promovierte Kulturwissenschaftlerin, 44 Jahre alt, keine Kinder. Windmüller spricht nicht von „kinderfrei“. Sie mag diesen Begriff zwar, der anders als „kinderlos“ kein Defizit markiert und sich vor allem auf Social Media etabliert hat. Aktivistinnen in eigener Sache benutzen ihn seit einigen Jahren, wenn sie den gesellschaftlichen Erwartungen selbstbewusst und kämpferisch entgegentreten wollen.Windmüller jedoch findet das Wort eine Spur zu positiv angesichts der Komplexität, die das Thema für viele Frauen hat. Sie bietet mit ihrer Kollegin Sarah Diehl in Berlin Seminare an, in denen Frauen sich über ihr eigenes Lebensmodell klar werden können und die auch Raum für Ambivalenzen lassen. Neben Frauen, die nie Kinder haben wollten, gibt es Teilnehmerinnen, die von einem unerfüllten Kinderwunsch Abschied nehmen mussten. Andere haben das Thema hinter sich gelassen, weil sich kein Mann fand, der sich auf eine wirklich partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit eingelassen hätte. Die Devise dieser Gruppe: Dann lieber nicht.Frauen ohne Kinder gelten als MängelwesenHochzeiten, Familienfeste, Geburtstage und Betriebsfeiern entpuppen sich in einem gewissen Alter deshalb als Zumutung. Irgendwann heißt es bei solchen Anlässen schließlich immer: „Und, warum bist du noch nicht Mutter?“ Die Teilnehmerinnen in Windmüllers Seminaren klären zunächst, was sie an der K-Frage stört: „Die Frauen fühlen sich in ihrem gesamten Lebensmodell angegriffen“, sagt Windmüller. „Wenn die eine Sache fehlt, scheint alles andere auch nicht so toll zu sein.“ Egal wie erfolgreich eine Frau sei im Job, wie groß ihr Freundeskreis, wie vielfältig ihre Interessen – ohne Kind scheine das alles nichts wert. Oder nur Kompensation.Windmüller sagt, viele Frauen hätten durchaus das Bedürfnis, auf die K-Frage ehrlich zu antworten. Aber zunächst wollten sie der Schutzlosigkeit und Verunsicherung, die durch den unterstellten Mangel ausgelöst werden, etwas entgegensetzen. Windmüller empfiehlt Gegenfragen, zum Beispiel: „Warum wolltest du denn Kinder?“ Auch damit stelle man klar: Der Kinderwunsch ist alles andere als gesetzt.Nach der zweiten Fehlgeburt fühlte sie sich altJuliane Strauß unterdessen wurde schwanger – und erlitt eine Fehlgeburt. Sie war traurig, kam aber klar. Als auch die nächste Schwangerschaft mit einer Fehlgeburt endete, war das schwieriger. „Beim zweiten Mal denkst du dir: Was ist denn falsch mit mir?“, erzählt Strauß. Außerdem hatte sie sich in der Zwischenzeit auf ein Kind eingestellt: „Ich fand das eine coole Idee: Wir werden eine kleine Familie.“Sie hatte ihr Erspartes in den Umbau ihrer Wohnung investiert: Küche zum Kinderzimmer, Schlafzimmer zur Wohnküche, Wohnzimmer zum Schlafzimmer. Dann verließ sie ihr Freund. Juliane Strauß konnte das neue Kinderzimmer gar nicht betreten, so verzweifelt war sie. Und das alles wenige Monate vor ihrem 40. Geburtstag. Es traf sie wie ein Schock: „Ich bin alt“, dachte sie plötzlich. „Ich bin nicht mehr frisch.“Das Leben kann auch ohne Kinder wunderschön sein.Picture AllianceSie entschied sich, den Tag der offenen Tür einer Kinderwunschklinik zu besuchen. „Warten Sie noch auf jemanden?“, fragte der Arzt, weil sie als einzige Interessentin allein gekommen war. Strauß sagte, sie denke darüber nach, ihre Eizellen einfrieren zu lassen, um Zeit zu gewinnen. Der Arzt nahm kein Blatt vor den Mund: „Das ist aber zu spät“, sagte er. In ihrem Alter sollte sie sich am besten direkt einen Samenspender suchen und auf künstliche Befruchtung setzen.Da beschloss Juliane Strauß, sich einen Moment Zeit zu geben, zumindest bis zu ihrem 40. Geburtstag. Und bis dahin, siehe da, war sie mit dem Thema durch. Plötzlich wusste sie wieder, und sie klingt noch heute erleichtert: „Du willst eigentlich keine Kinder.“ Sie war, so sagt sie es, wieder sie selbst.Die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin sind für die K-Frage Segen und Fluch zugleich. Natürlich gibt es Frauen, deren Chancen auf ein leibliches Kind steigen. Für andere bedeuten die Versprechen der technologisch assistierten Zeugung eine Verlängerung ihres Leidens: Hoffen, Warten, Enttäuschung. Und immer noch ein Zyklus. Das Märchen von der Machbarkeit erhöht zudem den sozialen Druck: Wer heute ohne Kind bleibt, scheint selbst daran schuld zu sein.„Was ausbleiben sollte, ist eine Bewertung“Wie schlimm es für Frauen sein kann, sich ohne Kind unvollständig, vielleicht sogar als Versagerin zu fühlen, hat die Schriftstellerin Jackie Thomae im vergangenen Sommer in ihrem Roman „Glück“ mit bitterer Schärfe beschrieben. Gleich zwei erfolgreiche, attraktive Frauen um die 40 hadern darin mit ihrer Kinderlosigkeit.Die Schicksale der Protagonistinnen sind lose verbunden, weil die eine, Radiomoderatorin, die andere, eine aufstrebende Politikerin, in ihrer Sendung mit der Frage konfrontiert, „die man Männern so gut wie nie stellte und die als Waffe eingesetzt wurde, ob bewusst oder unbewusst, war egal: ,Du selbst hast ja keine Kinder‘“ – in dem Roman ist das der maximale Fauxpas.In der Wirklichkeit, glaubt Claudia Rahnfeld, darf man gewisse Fragen durchaus stellen. „Was ausbleiben sollte, ist eine Bewertung. Es täte uns gut, mit diesem Thema sehr viel sensibler umzugehen“, sagt sie. Rahnfeld ist Professorin für Angewandte Sozialwissenschaften an der Dualen Hochschule Gera-Eisenach. Für eine Studie hat sie erstmals in Deutschland gezielt ausschließlich kinderlose Frauen befragt.Ihre Ergebnisse zeigen: Nicht der Karriere wegen entscheiden sich Frauen gegen Kinder. Sie haben vielmehr ein starkes Bewusstsein, wofür sie ihre freie Zeit einsetzen wollen, Stichwort Selbstverwirklichung. Und: Wenn Frauen keine Kinder haben, liegt das selten am fehlenden Partner, im Gegenteil: Die Mehrheit der Studienteilnehmerinnen lebte in Beziehungen. Und: Kinderlosigkeit hat nichts mit schlechten Erfahrungen in der Kindheit zu tun. Die meisten befragten Frauen jedenfalls beschrieben ihr eigenes Aufwachsen als glücklich.„Das Erfolgsmodell von Frauen ist ans Muttersein geknüpft“Allerdings sagt die Professorin auch: „Der soziale Druck ist da, und den empfinden die Frauen auch.“ 80 Prozent der Befragten erlebten das so. Wie Rahnfeld feststellt, können Frauen besser den gesellschaftlichen Erwartungen trotzen, je früher sie sich gegen Kinder entschieden haben. Die Studie ist nicht repräsentativ. Aber unter den Befragten wusste jede zweite schon vor ihrem 21. Geburtstag, dass sie keinen Nachwuchs will.Gesellschaftlich betrachtet gilt der Professorin zufolge trotzdem: „Das Erfolgsmodell von Frauen ist ans Muttersein geknüpft. Wir Frauen dürfen uns nicht über Leistung definieren wie Männer.“ Rahnfeld ärgert das. Wie ihre Folgestudie über den männlichen Kinderwunsch zeigt, entscheiden sich Männer genau wie Frauen gegen Kinder, weil ihre Selbstverwirklichung ihnen wichtiger ist. Allein: „Männlichkeit und Vaterschaft hängen nicht so zusammen wie Weiblichkeit und Mutterschaft.“ Rahnfeld spricht deshalb von „einer der letzten großen Ungerechtigkeiten“ zwischen den Geschlechtern.Auch Juliane Strauß wünscht sich, dass Kinderlosigkeit bei Frauen positiver wahrgenommen würde. Dass auch ihr als Nichtmutter selbstverständlich zugestanden würde, Teilzeit zu arbeiten. Dass manche Kollegen ihr nicht immer Egoismus unterstellen würden, als lehne sie es ab, Verantwortung in dieser Gesellschaft zu übernehmen. Manchmal fragt sie sich: Und wenn sie recht haben?Und was macht sie in zehn Jahren, wenn ihr jetziger, zwölf Jahre jüngerer Partner vielleicht doch noch Kinder will? „Aber hey“, sagt sie. „I love it.“ Sie findet: Wenn sie sich neuen Leuten als Frau von 42 Jahren ohne Kinder vorstellt, könnten die doch auch einfach sagen: „Das Leben ist auch ohne Kinder wunderschön.“